Anlage eines zentralvenösen Katheters (ZVK)

A. Krohn, J. Heinz

Definition: Einbringen eines Venenverweilkatheters in ein zentralvenöses Gefäß. Venen der Wahl sind Vena jugularis interna oder Vena subclavia.

Indikationen:

  • intravenöse Verabreichung von hochmolekularen Ernährungslösungen, Medikamenten, Zytostatika, Transfusionen (insbesondere Massivtransfusionen), Kalium > 40 mmol/h
  • Messung des zentralvenösen Drucks (ZVD)
  • bei nicht möglichem peripheren Zugang

Relative Kontraindikationen:

  • Gerinnungsstörung, Thrombozytopenie < 20 000/μl, Antikoagulation
  • Karotisstenose
  • kontralateraler Pneumothorax
  • große Struma, zervikale Raumforderungen, Verdacht auf Halswirbelfraktur
  • Entzündungen im Punktionsbereich

Methode: Für den zentralen Venenkatheter (ZVK) kommen verschiedene Punktionsstellen in Betracht, wobei sich insbesondere die Punktion der V. jugularis interna bewährt hat (einfache sonografische Darstellbarkeit, reduzierte Häufigkeit von Pneumothoraces im Vergleich zum Subclavia-Katheter). Alternativ ist die Punktion der V. subclavia möglich, dem etwas höheren Interventionsrisiko stehen geringere Infektraten gegenüber. Im Notfall kann ein ZVK auch über die V. femoralis eingebracht werden, allerdings ist hier die Infektions- und Thrombosegefahr am größten.

Technik der ZVK-Anlage (exemplarisch Punktion der V. jugularis interna)
Vorbereitung

  • Aufklärung und Einverständniserklärung
  • Gerinnungslabor beachten
  • bei volumendepletierten Patienten nach Möglichkeit periphervenöse Volumensubstitution: erleichterte Venenpunktion
  • CAVE: kardiale Belastung beachten
  • Kopf des Patienten zur Gegenseite drehen lassen, möglichst Kopftieflage zur Dilatation der Halsvenen und Luftembolieprophylaxe
  • CAVE: keine Kopftieflage bei Hirndruck, respiratorischer Insuffizienz oder extremer Rechtsherzinsuffizienz
  • sonografische Darstellung der V. jugularis interna und Markierung der Punktionsstelle
  • CAVE: bei nicht komprimierbarer Halsvene oder hyperdensen Strukturen im Gefäß an Halsvenenthrombose denken und Punktion auf dieser Seite vermeiden
  • aseptische Bedingungen: steriler Kittel, sterile Handschuhe, Haube, Mundschutz, chirurgische Hautdesinfektion, steriles Abdecken der gewählten Halsseite vom Mastoid bis zur suprasternalen Grube. Zwei 10-ml-Spritzen mit NaCl 0,9 % und eine 5-ml-Spritze mit Scandicain 0,5–2 % füllen. Alle Schenkel des ZVK steril mit Kochsalzlösung anspülen, dabei Katheter auf Durchgängigkeit und Dichtigkeit prüfen. Sterile Verpackung des Schallkopfes. Nahtmaterial, Nadelhalter.
  • CAVE: Ein beschädigter ZVK kann zu einem Paravasat im Halsbereich führen.

Punktion der V. jugularis interna in „ Seldinger-Technik“ (über Führungsdraht)

  • Palpation der A. carotis medial der Vene, Hautinfi ltration mit Lokalanästhetikum
  • sterile sonographische Darstellung während der Punktion (Realtime-Methode)
  • die Wahl des posterioren Zugangs zur V. jugularis interna am Hinterrand des M. sternocleidomastoideus (am Übergang vom mittleren zum unteren Drittel), inferior und medial zur Kreuzung mit V. jugularis externa ermöglicht einen größtmöglichen Abstand zur Lungenspitze; Lokalanästhesie mit Scandicain und gleichzeitige Probepunktion der Vene unter ständiger Aspiration mit Stichrichtung Jugulum
  • erneute Punktion mit Punktionskanüle und aufgesetzter 10-ml-Spritze mit NaCl 0,9 %, unter stetiger Aspiration auf möglichst direktem Weg. Sobald venöses Blut erscheint, wird unter Aspiration der Winkel der Nadel abgeflacht, um das Vorschieben des Drahtes zu erleichtern. Nach Entfernen der Spritze wird der Seldinger-Draht bis zur zweiten bis dritten Markierung (20–30 cm) vorgeschoben und die Führungskanüle entfernt.
  • CAVE: mögliches Auftreten von Herzrhythmusstörungen (Katheterspitze im rechten Vorhof), dann Draht etwas zurückziehen
  • CAVE: Luftaspiration/Luftembolie bei niedrigem ZVD möglich
  • Dilatator auf Seldinger-Draht aufsetzen, ggf. mit Skalpell kleinen Hautschnitt setzen. Dilatator unter drehenden Bewegungen rasch bis etwa zur Mitte einführen, anschließend entfernen
  • CAVE: der Draht darf bei dem gesamten Vorgang niemals losgelassen werden
  • abschließend gespülten Katheter über den liegenden Seldinger-Draht einführen; Faustregel für die Einführungstiefe rechtsseitig: Körpergröße (cm)/10, linksseitig: Körpergröße (cm)/10 plus 2 cm
  • Seldinger-Draht entfernen; alle Schenkel des ZVK probeweise aspirieren, mit 0,9 % NaCl blocken und Katheter annähen

Lagekontrolle

  • Röntgen Thorax (in Exspiration): Überprüfung der korrekten Position und Ausschluss eines Pneumothorax; bei optimaler Lage projiziert sich die Katheterspitze kurz oberhalb des rechten Vorhofs bzw. auf Höhe der Carina tracheae
  • Blutgasanalyse
  • ggf. Lagekorrektur, wobei der Katheter nur zurückgezogen und nicht tiefer eingeführt werden darf

Allgemeine Maßnahmen im Umgang mit dem ZVK

  • Aspiration vor jeder intravenösen Gabe, anschließend spülen mit 0,9 % NaCl, um Durchgängigkeit zu kontrollieren. Rückfluss des Blutes in das System vermeiden
  • sorgfältige ZVK-Pflege: bei immunsupprimierten Patienten Verbandswechsel alle 48 h (bzw. alle 72 h bei isolierten Patienten) und Kontrolle des ZVK-Eintritts
  • bei Unterbrechung/Diskonnektion: Durchspülen mit 0,9 % NaCl, anschließend Blockade mit 100 IE Heparin auf 2,5 ml NaCl 0,9 % je Schenkel, vor dem Wiederanschließen Blut aspirieren
  • CAVE: Luftaspiration/Luftembolie bei niedrigem ZVD möglich
  • bei immunsupprimierten Patienten: Wechsel des Infusionssystems alle 48 h
  • neues Infusionsbesteck nach Transfusionen, lipidreichen Lösungen, Zytostatika

Akute Komplikationen bei ZVK-Anlage

  • Fehlpunktion der A. carotis (3 %): mindestens 10 min komprimieren, ggf. Thrombozytensubstitution bei bestehender Thrombozytopenie
  • Blutungen und Hämatome
  • Pneumothorax: nach erfolgloser Erstpunktion: erneute, kontralaterale Punktion nur nach Ausschluss eines Pneumothorax (Röntgen-Kontrolle)
  • Luftaspiration: nach Möglichkeit in Kopftieflage punktieren
  • Verletzung des Plexus brachialis, des Halssympathikus mit Horner-Symptomatik, der Trachea oder auch sehr selten (bei extrem dorsaler Stichrichtung) der A. vertebralis
  • Rhythmusstörungen: Irritation des Erregungsleitungssystems durch Katheterspitze

Komplikationen bei liegendem Katheter

  • Thrombose, Thrombophlebitis
  • ZVK-Infekt, Sepsis. Bei Fieber oder entzündeter Eintrittsstelle Katheter entfernen und Neueinlage auf anderer Seite.

 

Zitierweise:

Krohn A, Heinz J (2017). Anlage eines zentralvenösen Katheters (ZVK) Standardisierte Vorgehensweise (SOP). In: Berger DP, Mertelsmann R: Das Rote Buch, Hämatologie und Internistische Onkologie, ecomed Medizin, Landsberg

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