Planetary Health – Umwelt und Gesundheit im Anthropozän

O. Masztalerz

Den kompletten Artikel können Sie in unserem "Handbuch der Umweltmedizin" nachlesen.

Zusammenfassung

Gesundheit hängt auch vom Zustand des Erdsystems ab. Dieses wird heute maßgeblich durch menschliche Aktivitäten beeinflusst, was den Begriff „Anthropozän“ definiert. Sechs der neun planetaren Grenzen sind überschritten und das Risiko abrupter und irreversibler Zustandsänderungen von Kippelementen steigt. Zugleich nehmen die Pufferfunktionen und Resilienz der Biosphäre ab und gesundheitsrelevante Beiträge der Natur für Menschen gehen verloren. Die globalen Trends zeigen lokale Ausprägungen, mit Folgen für die Exposition gegenüber Pathogenen, die Nahrungsmittelproduktion und weitere Gesundheit determinierende Faktoren. Es ist u. a. mit einer weiteren Häufung, Verstärkung und Verstetigung umweltbedingter Gesundheitsbelastungen zu rechnen; die zukünftigen Entwicklungen sind dabei mit Unsicherheiten behaftet. Die Verursachung und die Auswirkungen anthropogener Umweltveränderungen sind wesentlich durch multiple intra- und intergenerationelle Ungleichheiten geprägt.

Planetary Health ist ein transformatives und transdisziplinäres Gesundheitskonzept und Wissenschaftsgebiet, das die Gesundheit von Menschen, anderen Lebewesen und Ökosystemen als eng verbunden begreift, ihre substanzielle Gefährdung durch anthropogene Umweltveränderungen anerkennt und auf deren ursächliche Bewältigung abzielt. Im Rahmen eines multiskalaren, systemischen und intersektionalen Ansatzes werden Determinanten von Gesundheit als veränderbare Faktoren gesehen, die in komplexe Zusammenhänge eingebettet sind. Die Treiber von Umweltveränderungen betreffen viele gesellschaftliche Prozesse und Teilsysteme und sind miteinander verschränkt. Um sie zu überwinden sind Transformationen notwendig, die eine Neuausrichtung von Werten, Normen, Paradigmen, Strukturen und Praktiken (z. B. in Wirtschafts- und Ernährungssystemen) beinhalten. Dabei sollen verschiedene Perspektiven und Wissensformen einfließen. Durch eine Orientierung an Gerechtigkeit können Teilhabe und Selbstbestimmung gestärkt sowie Ungleichheiten und Schäden verringert werden. Beim integrierten Umwelt- und Gesundheitsschutz sind alle Politikbereiche gefragt und drei komplementäre Strategien entscheidend: Anpassung, Reaktion und Reparatur; Prävention und Vermeidung von Risiken; sowie Gesundheitsförderung und Stärkung von Resilienz.

In Gesundheitssystemen werden große transformative Potenziale gesehen, etwa durch die Förderung von Teilhabe, gesunden und nachhaltigen Lebensstilen sowie den Anstoß sektorübergreifender Maßnahmen zur Verhältnisprävention. Zugleich können Ressourcenverbrauch und Emissionen verringert werden, ohne die Versorgung zu beeinträchtigen. Bei der Bewältigung krisenhafter Umweltereignisse und umweltbedingter Gesundheitskrisen sind gut ausgebaute und vernetzte öffentliche Gesundheitsdienste entscheidend. Für die Umweltmedizin kann die Perspektive von Planetary Health Potenziale eröffnen, in Zukunft eine wichtige Rolle bei der übergreifenden Bewältigung von Umweltveränderungen einzunehmen – etwa bei der systematischen Analyse von Risiken sowie der Entwicklung und Umsetzung von Anpassungs-, Resilienz- und Transformationsmaßnahmen (z. B. an der Schnittstelle von Gesundheitsförderung und Umweltschutz). Eine Integration bestehender und neuer Methoden wäre hierfür sinnvoll, zudem muss ein entsprechender Umgang mit Risiken und Unsicherheiten etabliert werden.

Zitierweise:
Masztalerz O (2023). Planetary Health – Umwelt und Gesundheit im Anthropozän. In: Wichmann HE, Fromme H (Hrsg.), Handbuch der Umweltmedizin, Kap. II-8, 77. Erg.-Lfg. ecomed Medizin, Landsberg

Wichmann / Fromme / Zeeb

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