Einsame Trinker*innen – Eine qualitative Studie über die Verflechtung von Einsamkeit und Alkoholabhängigkeit

U. Schmid, M. Walter

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Zusammenfassung

Der Zusammenhang von Alkoholkonsum und Einsamkeit ist mehrdimensional. Basierend auf der qualitativen Auswertung von 20 Interviews mit Patient*innen mit Alkoholabhängigkeit wird gezeigt, dass dieser Zusammenhang erstens eine reziproke, kausale Beziehung von Einsamkeit und Alkoholkonsum umfasst und zweitens ohne Bezugnahme auf die Bedeutung des Alkoholkonsums für eine Vielzahl sozialer Praktiken gar nicht erst denkbar ist. Im konkreten Fall hängt der Zusammenhang maßgeblich von der involvierten Art der Einsamkeit ab.

Die für den Alkoholkonsum der Interviewpartner*innen relevanten Gestalten des Einsamkeitserlebens lassen sich in drei, sich überlappende Gruppen einteilen (Verlassensein, Leere, Nichtzugehörigkeit), nach denen sich die Funktion des Alkoholkonsums richtet (Ersatzbeziehungspartner, Kompensation struktureller Mängel, Teilhabe an sozialen Praktiken). Gemeinsam ist ihnen, dass Einsamkeit im Erleben um die Erfahrung der grundsätzlichen Unzugänglichkeit anderer Menschen kreist. Analytisch handelt es sich bei ‚Einsamkeit‘ um einen relationalen Begriff, der die (Selbst-)Einstufung der Qualität der sozialen Beziehungen einer Person als ungenügend sowie das Scheitern einer passiven oder aktiven Teilhabe an offenen sozialen Räumen beinhaltet. Einsamkeit gehört, wie Tod oder Krankheit, zum Menschsein und ist daher nicht per se als pathogener oder pathologischer Zustand zu betrachten. Dennoch sollten das reziproke Verhältnis von Einsamkeit und Alkoholkonsum und die existenzielle Bedrohung, die Einsamkeitserleben darstellen kann, therapeutisch berücksichtigt werden. Ziel ist, auf Alkohol als Problemlöser zu verzichten und Einsamkeit nicht nur als vernichtend, sondern auch als bereichernd erfahren zu können.

Lonely Drinkers – A qualitative study on the multi-dimensional entanglement of loneliness and alcohol consumption

Alcohol consumption and loneliness are deeply entangled. Our study analyses qualitative data from 20 interviews with inpatients diagnosed with alcohol dependency and shows that their entanglement not only comprises a reciprocal causal relation, but also emerges from drinking alcohol’s being deeply entrenched in everyday social practices. The quality and dynamics their relation develops in individual cases essentially depend on the kind of loneliness involved.

Interviewees’ ways of experiencing loneliness relevant to their alcohol consumption fall into three overlapping categories (loss, emptiness, and exclusion) which in turn correspond to the functional role alcohol consumption fulfills in each case (partner surrogate, compensation of structural deficiency, participation in social practices). Experiencing loneliness in all cases basically amounts to experiencing others as essentially inaccessible for oneself. Analytically, loneliness presents a relational concept, comprising a) an evaluative judgement of one’s own social relationships as unsatisfying; and b) failure of participating in an open social space. Loneliness belongs to the existential conditions of human being (as death or disease), it does not per se present a pathogenic or pathological condition. Yet, it is important to therapeutically address the reciprocal causal relation of loneliness and alcohol consumption. Therapy should aim at alleviating the existential threat loneliness can be experienced as, at thereby enabling patients to regard moments of loneliness as enriching rather than depriving their lives, and finally to refrain from using alcohol as a solvent of existential distress.

Zitierweise:

Schmid U, Walter M (2022). Einsame Trinker*innen. Suchtmedizin 24(4): 197–207

Krausz / Backmund / Walter / Soyka / Haltmayer / Bruggmann

Addiction Medicine

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