Extrakorporale Verfahren bei Sepsis

S. David, K. Stahl

| AINS | Intensivmedizin

Den kompletten Artikel können Sie im Kompendium "Intensivmedizin" nachlesen.

Es lässt sich zusammenfassen, dass für alle aufgezeigten Techniken der extrakorporalen Verfahren zur additiven Therapie der Sepsis zwar eine starke wissenschaftliche theoretische Rationale existiert sowie initiale Beobachtungen, insbesondere was eine verbesserte hämodynamische Stabilisierung sowie biochemische Endpunkte betrifft, vielversprechend sind, allerdings eine überzeugende Verbesserung des Überlebens durch eines dieser Verfahren in größeren randomisierten Folgestudien noch nicht gezeigt werden konnte.

Man kann dies tatsächlich zunächst als enttäuschend begreifen – dennoch sollten die bisherigen Misserfolge nicht dazu verleiten, die Idee einer extrakorporalen Therapie des Sepsissyndroms generell für gescheitert zu halten. In der Tat hilft hier der Blick auf andere Erkrankungen, inwelchen eine  komplexe Hyperinflammationsreaktion mit Schock und daraus folgendemMultiorganversagen bisherige Therapiestrategien regelhaft scheitern ließen. Ein solches Beispiel stellt das akute Leberversagen (ALF) dar. Hier waren komplexe extrakorporale Leberersatzverfahren zunächst vielversprechend, konnten dann aber das Überleben dieser Patienten nicht verbessern. Erst die systematische Untersuchung der TPE durch Larsen et al. brachte einen Durchbruch und konnte als erste Therapie überhaupt die (transplantationsfreie) Sterblichkeit des ALF senken.

Ein großes Problem der bisher durchgeführten Studien liegt sicherlich in der Heterogenität der untersuchten Patienten begründet. Häufig wurden Patienten mit und ohne Schock sowie Patienten mit und ohne Organversagen eingeschlossen. Auch derZeitpunkt des Therapiebeginns ist sehr heterogen in den meisten Studien und liegt zwischen Stunden bis zu Tagen nach Beginn der Sepsis. Diese Heterogenität in der Schwere und in der Dauer des untersuchten Sepsissyndroms vermindert die Aussagekräftigkeit dieser Studien gewaltig.

Eine Homogenisierung des untersuchten Patientenkollektivs wird entscheidend für den Erfolg zukünftiger Studien sein. Auch hierbei wird die rezent erneuerte Sepsisdefinition sicherlich hilfreich sein. Ob hierbei nicht nur klinische Indikatoren der Schwere der Erkrankung (Höhe des Vasopressorbedarfs, Anzahl
der spezifischen Organversagen), sondern ggf. auch biochemische Indikatoren eines möglichen Therapieerfolges, sogenannte Theragnostika, zur Steuerung der Therapieindikation beitragen können, bleibt abzuwarten.

Seit den Untersuchungen zur early goal directed therapy und mehreren Nachfolgestudien wissen wir, dass insbesondere die frühe Therapie der Sepsis das Überleben verbessert. Auch ein additives extrakorporales Verfahren sollte demnach zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Beginn des Schockgeschehens eingesetzt werden – dann ist der Teufelskreis aus Hyperinflammation endothelialer Dysfunktion, distributivem Schock und Mikrozirkulationsstörung noch am besten therapeutisch zu
modulieren. Kommen wir hier zu spät, ist der Schaden wahrscheinlich bereits irreversibel weit fortgeschritten und eine therapeutische Beeinflussung in der immer komplexer werdenden Situation
des progredienten Multiorganversagens kaum mehr möglich.

Auch die gesteigerte Berücksichtigung der signifikanten Rolle von protektiven (Antikoagulation, Antipermeabilität), in der Sepsis allerdings verbrauchter Faktoren, wird in der Rationale zum Einsatz von extrakorporalen Verfahren möglicherweise in Zukunft mitentscheidend für deren Erfolg sein.

Die Idee einer additiven extrakorporalen Therapie der Sepsis ist damit weiterhin hochaktuell. Zukünftige Entwicklungen gilt es hier abzuwarten; diese aktiv mitzugestalten, ist sicher eine der spannendsten Richtungen der modernen Intensivmedizin.

Zitierweise:

David S, Stahl K (2020). Extrakorporale Verfahren bei Sepsis. In: Eckart J, Weigand M, Briegel J (Hrsg.) Intensivmedizin, Kap. VIII-5.3, 97. Erg.-Lfg. ecomed Medizin, Landsberg

Weigand / Briegel / Scharf-Janßen / Schmitt

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