Genetische Diagnostik in der klinischen Umweltmedizin

E. Schnakenberg

Abstract aus Umweltmedizin – Hygiene – Arbeitsmedizin:

In der klinischen Umweltmedizin treten häufig Beschwerdebilder auf, die mit Unverträglichkeiten gegenüber vielfältig vorkommenden Fremdstoffen assoziiert sind. Es handelt sich hierbei um allgemeine Fremdstoffe in üblichen, meist niedrigen Konzentrationen, wie beispielsweise Benzindampfe, Duftstoffe, Farben, Lacke, Lösemittel, Pestizide und anderen Chemikalien. Das Beschwerdebild wird unter dem Begriff „multiple Chemikaliensensitivität (MCS)“ zusammengefasst, mit einer geschätzten Prävalenz von bis zu vier Prozent in der deutschen Bevölkerung. Die Überempfindlichkeit entwickelt sich entweder chronisch bei dauerhaft unbewusster Exposition im persönlichen und/oder beruflichen Umfeld, nach einer akuten, meist zufälligen initialen Exposition oder auch ohne eine bekannte oder erkennbare (äußere) Ursache.
Phase II-Enzyme sind katalytische Proteine, die Einfluss auf den Stoffwechsel und die Ausscheidung von endogenen und exogenen Substanzen haben. Die Biotransformation mittels Phase I- und Phase II-Enzymen ist ein biologisches Urprinzip; die Akkumulation von Xenobiotika wäre letal. Zu den wichtigsten Phase II-Enzymen zählen die Enzyme der Glutathion S-Transferasen, Methyltransferasen, Acetyltransferasen und Glukuronosyltransferasen. In den Genen dieser Enzyme sind Sequenzvarianten bekannt, die zu einer Funktionsänderung, d. h. einem Funktionsverlust oder Funktionsgewinn der Phase II-Enzyme, führen. Eine verzögerte Ausscheidung führt zu einer Anreicherung von Fremdstoffen bzw. deren Metabolite in den Geweben und Organen des menschlichen Körpers. Dieses geht auf zellularer Ebene mit einem erhöhten oxidativen und/oder nitrosativen Stress einher, mit den Folgen einer Depletion von Vitaminen, Mineralstoffen und/oder Spurenelementen. In einer Studie an 521 Teilnehmern und der molekulargenetischen Untersuchung von vier verschiedenen Phase II-Enzymen wurde gezeigt, dass das genetisch veränderte Vorliegen von mindestens drei Phase II-Enzymen am Auftreten einer multiplen Chemikalienempfindlichkeit beteiligt ist.

Schlüsselworte: Klinische Umweltmedizin – Phase II-Gene – multiple Chemikalienempfindlichkeit – Sequenzvarianten

English Version:

In the area of clinical environmental medicine symptoms are observed which are associated with strong intolerances against foreign substances. Xenobiotics like gasoline fumes, perfumes, paints and varnishes, solvents, pesticides and other chemicals occur normally in low concentration. Clinical symptoms are summarized as “multiple chemical sensitivity (MCS)” with a prevalence of up to four percent in Germany. The development of hypersensitivity is a chronic progressive process during unwitting exposition in the distinct and/or occupational environment. It can also rise up after severe and most accidental initial exposition or without any known or visible (external) origin.
Phase II enzymes are catalytically active proteins with impact on metabolism and excretion of endogenous and exogenous substances. Biotransformation by phase I and phase II enzymes is a biological basic principle and accumulation of xenobiotics would be lethal. The most important phase II enzymes are glutathione S-transferases, methyltransferases, acetyltransferases and glucuronosyltransferases. Genes of these enzymes may contain sequence variants which lead to a loss of or gain of function. The delayed excretion of foreign substances leads to an accumulation of xenobiotics and their metabolites. Thereof, an increased oxidative stress on the cellular level may result in depletion of vitamins, minerals and/or trace minerals.
By means of 521 study participants and genetic analysis of four different phase II enzymes it has been shown that the existence of sequence variants of at least three phase II enzymes leading to altered function are involved in developing multiple chemical sensitivity.

Keywords: Clinical environmental medicine – phase II genes – multiple chemical sensitivity – sequence variants

 

Zitierweise:
Schnakenberg E (2018). Genetische Diagnostik in der klinischen Umweltmedizin. Umweltmed – Hygiene – Arbeitsmed 23(3): 155–162

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