Hämoadsorption bei SIRS und Sepsis

T. Köhler, E. Schwier, D. Henzler

| AINS | Intensivmedizin

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Zusammenfassung:

Der Zytokinsturm-assoziierte Schock mit seinemvariablen, zeitlich-räumlich unterschiedlichen Zusammenspiel verschiedenster Immunzellen, mobil oder ortsständig, der pro- und antiinflammatorischen Zytokine sowie der Interaktion mit den unterschiedlichen Organsystemen, infektiöser (septischer Schock) oder nicht-infektiöser (SIRS) Natur, ist die häufigste Indikation für den Einsatz der verschiedenen Verfahren der Hämoadsorption. Das primäre therapeutische Ziel ist dabei, durch „Immunmodulation“, die Kontrolle über das Schockgeschehen wiederzuerlangen und ein (Multi-) Organversagen zu verhindern oder zu begrenzen. Der Beginn einer Hämoadsorption sollte aus Sicht der Autoren zeitgleich mit der Diagnosestellung „septischer Schock“ erfolgen. Der Therapieerfolg kann anhand eines Kanons aus Klinik und Paraklinik beurteilt werden. Dazu zählen der klinische Allgemeinzustand, der zum Erhalt eines ausreichenden mittleren arteriellen Druckes erforderliche Vasopressor- und Volumenbedarf sowie eine Rückkehr der Organfunktionen, wie z. B. der Spontandiurese. Als paraklinische Surrogat-Parameter sollten Blutglukose- und Serumlaktatbestimmung, Leukozytenzahl, CRP und IL-6 engmaschig kontrolliert werden. Eine Beendigung der Hämoadsorptionsbehandlung erscheint nach Abfall der Serumlaktatkonzentration
< 2 mmol/l und dem Ausschleichen des Vasopressorsupports gerechtfertigt.

Die Reduktion von Endotoxin und Zytokinen durch Hämoadsorption mit dem Toraymyxin®-Adsorber, dem oXiris-Filter® und dem CytoSorb®-Adsorber ist experimentell gut belegt, und das bei guter Biokompatibilität und nahezu ohne unerwünschte Nebenwirkungen. Der klare Nachweis, dass dadurch auch das Outcome verbessert und die unvermindert hohe Sterblichkeit im septischen Schock reduziert
wird, ist bislang nicht gelungen, eine Einschränkung, die auch für andere, lebensrettende Extrakorporalverfahren (ECMO beim adulten ARDS, kontinuierliche vs. intermittierende Nierenersatztherapie) zutrifft. Es fehlen aussagekräftige randomisierte, kontrollierte Untersuchungen, die den intensivmedizinischen Alltag ausreichend abbilden. Eine mögliche Alternative bietet die  Erfassung klinischer Behandlungsdaten in einemRegister ähnlich derer anderer extrakorporaler Verfahren, wie z. B. dem ELSO-Register für die extrakorporale Membranoxygenierung (ECMO).

Die verschiedenen Verfahren der Hämoadsorption unterscheiden sich grundsätzlich in ihrem Aufbau und ihrer Wirkungsweise und damit in ihren physiko-chemischen Eigenschaften. Daraus ergeben sich, vor allem für den CytoSorb®-Adsorber, eine Vielzahl weiterer, über die Behandlung des septischen
Schocks hinausgehende Indikationen. Neben der Behandlung des Leberversagens (Elimination von: Bilirubin/Ammoniak/Gallensäuren) treten die Therapie verschiedener Intoxikationen oder die traumatische bzw. nicht-traumatische Myoglobinämie/Rhabdomyolyse zunehmend in den Vordergrund.

Zukünftige Studien zur Hämoadsorption bei Hyperinflammation sind dringend erforderlich und sollten folgende Fragestellungen zum Ziel haben:

  1. Indikation: Welches Hämoadsorptions-Verfahren ist für die unterschiedlichen Indikationen am besten geeignet?
  2. Monitoring: Welche Parameter/Biomarker sind zur Kontrolle des Behandlungsverlaufes am geeignetsten?
  3. Dauer: Wie lange sollte die Behandlung fortgeführt werden?
  4. Dosis: Ist im Hinblick auf die Sättigungskinetik ein kürzeres Wechselintervall (z. B. < 24 h) eine sinnvolle Option? Spielt die Menge des behandelten Blutes (Blutflussrate) eine Rolle?
  5. Wirkverstärkung: Ist die Kombination mehrerer Adsorber oder Adsorptions-Verfahren eine Möglichkeit, die innerhalb der ersten 24 h besonders hohe Sterblichkeit zu reduzieren?
  6. Nebenwirkungen: Sind im Rahmen der Immunmodulation und der damit herbeigeführten Veränderungen Overtreatment und Schwächung der Reparationsmechanismen möglich, sind diese  Änderungen im klinischen Setting relevant und welchen Einfluss haben sie auf das Outcome?

Ohne qualitativ hochwertige, randomisierte kontrollierte Studien mit geeigneten  Patientenauswahlkriterien und Endpunkten von physiologischer Relevanz wird der Stellenwert der einzelnen Hämoadsorptions-Verfahren in der zukünftigenTherapie der Sepsis nicht zu bestimmen sein.

Die normale Immunantwort eines Wirtes auf eine Infektion löst eine fein regulierte, zeitliche und räumliche Reaktion aus, die vom Zusammenspiel vieler verschiedener immunkompetenter Zellen mit pro- und antiinflammatorischen Zytokinen bestimmt wird.

Durch die Hämoadsorptionstherapie werden die im Rahmen einer Inflammationsreaktion massiv erhöhten Zytokinspiegel im Serum potenziell normalisiert und eine Vielzahl verschiedener DAMPs, PAMPs und Stoffwechselendprodukte entfernt. Dennoch konnte ein Überlebensvorteil in kontrollierten, randomisierten Studien bislang nicht gezeigt werden.

Zitierweise:

Köhler T, Schwier E, Henzler D (2020). Hämoadsorption bei SIRS und Sepsis. In: Eckart J, Weigand M, Briegel J (Hrsg.) Intensivmedizin, Kap. VIII-5.5, 100. Erg.-Lfg. ecomed Medizin, Landsberg

Weigand / Briegel / Scharf-Janßen / Schmitt

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