Über Humor, Lachen und gehobene Albernheit

V. Faust

Den kompletten Artikel können Sie in unserem Kompendium "Psychische Störungen heute" nachlesen.

Eine der ältesten Gemütsregungen der Menschheit nimmt wieder Fahrt auf. Zwar konnte sie nicht einmal unter den bittersten Bedingungen ausgemerzt werden, jetzt aber gewinnt sie zunehmend an Bedeutung. Und zwar nicht nur individuell und zwischenmenschlich, sondern auch gesellschaftlich, wirtschaftlich, werbe-psychologisch, ja politisch und vor allem medial und wissenschaftlich.
Wer hätte das gedacht, Humor und Lachen als anthropologische Grundausstattung des Menschen, Jahrtausende alt – und jetzt dieser Boom. Humor ist "in". Keine Ausgabe in gedruckter Form, kein Sendetag zum Hören und Sehen, kein Kiosk ohne knallige Hinweise und keine Buchhandlung ohne ständig nachgedrucktes Angebot – buchrücken-meterweise.

"Und jeder Einzelne sollte, ja muss inzwischen humorvoll sein. Wer seinen Humor verliert, hat schon verloren. Wird jemand grenzwertig hereingelegt, soll er es humorvoll-sportlich nehmen. Schließlich ist Humor ja gerade wenn man trotzdem lacht. Selbst als Objekt der Schadenfreude muss man dankbar sein, auf diese Weise aufgewertet zu werden. Und das gilt nicht nur für den zwischenmenschlichen Alltag, das gilt auch für den offiziellen Umgang miteinander, die Medien eingeschlossen" (W. Herbold u. U. Sachsse).

Eigentlich eine positive Entwicklung, schließlich gab es schon tristere Zeiten, in denen man nun wirklich nichts zu lachen hatte. Auch kann die Bedeutung des Lachens kaum überschätzt werden, vor allem was die Lebensqualität (und sogar die Lebenserwartung?) anbelangt. Kein Wunder, dass sich inzwischen die unterschiedlichsten Forschungs-Bereiche dafür zu interessieren beginnen. Und zwar nicht nur die Philosophen, Theologen, Philologen, Anthropologen, Soziologen, Mediziner, Psychologen, sondern auch Kultur- und Kommunikations-Wissenschaftler, ja sogar Politiker (wenn es ihnen, und zwar nur ihnen nützt …). Und im Bereich der mehr biologisch orientierten Disziplinen die Psycho- und Neurophysiologie mit ihren vor allem bild-gebenden Techniken, die nun wirklich in das "Aller-Innerste" vorzudringen vermögen, nämlich die verschiedenen Gehirn-Strukturen und ihre physiologischen Abläufe.

Deren Erkenntnisse sind allerdings meist schwer verständlich, haben aber Zukunft. Mehr aktuelle Freude machen dafür die Professionals in Sachen praktizierten Humors, also die Satiriker, Komödianten, Kabarettisten, Comedians aller Schattierungen. Es gibt zwar noch den Clown von früher, aber der hat inzwischen sogar im Zirkus einen schweren Stand. Für seine Nachfolge aber ist gesorgt – und für ein positives Echo, quer durch sämtliche Gesellschaftsschichten.

Dennoch bleiben viele Fragen offen: Wo, wie, weshalb lachen die Menschen, und zwar nicht vom Angebot her, sondern auch biologisch gesehen bis hin zu den neuronalen Gehirn-Reaktionen. Und weiter: Können auch Tiere lachen und wenn ja: wer nur akustisch, wer wirklich wie wir? Warum lacht der eine und der andere nicht? Wann, wo und durch was wird gelacht? Vor allem: über wen? Lassen sich lachend Probleme leichter lösen oder werden sie nur überspielt? Wann, wieso, mit und gegen wen lacht man miteinander bzw. übereinander? Ist Lachen immer risikolos, und zwar nicht nur gesundheitlich, sondern auch gesellschaftlich, ja politisch? Wie stehen bestimmte Macht- und Herrschaftsstrukturen zum jeweiligen Lach-Verhalten ihre Zeit und Gesellschaft: tolerant, ambivalent, skeptisch, sich bedroht fühlend und dann selber drohend?

Oder noch einfacher: Wer lacht mit wem und wie, was zwar schon gefragt wurde, jetzt aber bezüglich Alter, Geschlecht, sozialer Schicht, Status, Beruf, Position – und nicht zuletzt Gesundheit. Und wie steht es mit dem Lachen in entsprechender Umgebung, und zwar früher und heute? Und vor allem wo? Und wenn nein, warum bzw. wie lange noch? Oder könnte es auch kippen, von inzwischen zu viel und zügellos in frühere Düsternis mit trüber Einstellung und psychosozialen Folgen? War schließlich alles schon einmal da.

Und dann natürlich: Welches Gewicht kommt der Nationalität bzw. den nationalen gesellschaftlichen und kulturellen Unterschieden zu? Oder kurz: wie lacht man andernorts? Gibt es Unterschiede je nach Erdteil, Regionen, Nationen, ethnischen Gruppierungen, wenn nicht gar von Ort zu Ort? Und dann ein Aspekt, der meist untergeht, weil ihn niemand wissen will: Gibt es seelische oder körperliche Krankheiten, die das Lachen bitter werden lassen oder gar untergraben?

Kurz: Man muss zugeben, hier stellten sich schon früher viele Fragen, die aber jetzt zunehmend auch wissenschaftlich untersucht werden, bis – wie erwähnt – in die feinsten neuronalen Strukturen des Gehirns und seinen physiologischen Funktionen. Und da kann es auch nicht ausbleiben, dass sich das Angebot vermehrt, ja langsam beängstigend verdichtet.

Nun, es gab aber schon Schlimmeres. Und deshalb wird auch in vorliegender Abhandlungen zum scheinbaren Überfluss noch ein weiteres Angebot gemacht. Die Aufgabe lautete: "Bring viel, dann bringst Du jedem was" (Goethe) bzw. Schaff' einfach mal eine zwar ernsthaft bemühte, gleichwohl lockere Übersicht zu Humor, Lachen und gehobener Albernheit. So sei’s versucht.

Zitierweise:
Faust V (2021). Über Humor, Lachen und gehobene Albernheit. In: Faust V. Psychische Störungen heute, 74. Erg.-Lfg., Landsberg: ecomed Medizin

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